| Presseinformation Nr. 079 / 2019

Verleihung: Jacob-Henle-Medaille und erstmals Jacob-Henle-Nachwuchspreis

Prof. Dr. Stefan Rose-John, Biochemiker aus Kiel, erhält höchste jährliche Auszeichnung der Medizinischen Fakultät Göttingen für sein Lebenswerk auf dem Gebiet der Entzündungsforschung. Erstmals wird der Jacob-Henle-Nachwuchspreis verliehen. Er geht an Dr. Dr. Phillipp Brockmeyer aus der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Universitätsmedizin Göttingen.

Die Jacob-Henle-Medaille der Medizinischen Fakultät an der Universitätsmedizin Göttingen. Foto: umg/spförtner

(umg) In Erinnerung an den Göttinger Anatomen Jacob Henle zeichnet die Medizinische Fakultät an der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) Prof. Dr. Stefan Rose-John, Professor am Biochemischen Institut der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel mit der Jacob-Henle-Medaille aus. Stefan Rose-John bekommt die höchste jährliche Auszeichnung der Medizinischen Fakultät für sein Lebenswerk auf dem Gebiet der Entzündungsforschung. Erstmals verleiht die Medizinische Fakultät 2019 zudem den Jakob-Henle-Nachwuchspreis. Die Auszeichnung geht an den UMG-Nachwuchswissenschaftler Dr. Dr. Phillipp Brockmeyer aus der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der UMG. Er erhält den Preis für Studien zu Biomarkern und zur Relevanz von Immunzellen für die Prognose beim oralen Plattenepithelkarzinom. Der Nachwuchspreis ist mit 10.000 Euro dotiert, das Preisgeld wird von der Sparkasse Göttingen gestiftet.

Feierliche Verleihung durch die Medizinische Fakultät
Jakob-Henle-Medaille und Jakob-Henle-Nachwuchspreis
Freitag, 21. Juni 2019, 14:00 bis 15:30 Uhr
Hörsaal 552, Universitätsklinikum
Robert-Koch-Straße 40, 37075 Göttingen

Laudator für den Preisträger der Jacob-Henle-Medaille ist Prof. Dr. Jürgen Wienands, Direktor des Instituts für Zelluläre und Molekulare Immunologie der UMG. Medaille und Nachwuchspreis überreicht Prof. Dr. Michael P. Schön, Dekan für Allgemeine Akademische Angelegenheiten der UMG.

Den Festvortrag hält der Preisträger der Jacob-Henle-Medaille Prof. Dr. Stefan Rose-John zum Thema „Interleukin-6: Von der Biologie zur Therapie“. In seinem Vortrag spricht er über seine Arbeiten an molekularen Mechanismen von Entzündung und von entzündungs-assoziierten Krebserkrankungen. Er beschreibt die Entdeckung und Wirkungsweise eines zentralen Auslösers von Entzündungen, des Immunhormons Interleukin-6 (IL-6), und wie diese Grundlagenforschung zu neuen Therapien bei verschiedenen menschlichen Erkrankungen geführt hat.

Mit der Jacob-Henle-Medaille 2019 würdigt die Medizinische Fakultät die herausragenden Erfolge von Prof. Rose-John auf dem Gebiet der Entstehung und Behandlung von Entzündungen. Seine Arbeiten seien ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie wissenschaftlicher Spürsinn, gepaart mit intelligenten Forschungsansätzen und der konsequenten Weiterentwicklung der gewonnenen Erkenntnisse, zu bahnbrechenden Entdeckungen führen kann, die sowohl die Neugier des Forschers als auch das Bedürfnis von Erkrankten nach neuen Therapiemöglichkeiten bedienen kann, so die Begründung der Medizinischen Fakultät.

DER PREISTRÄGER DER JACOB-HENLE-MEDAILLE

Prof. Dr. Stefan Rose-John gilt weltweit als herausragender Pionier auf dem Gebiet der Erforschung von Immunhormonen, sogenannten Zytokinen. Dabei befasst er sich insbesondere mit den komplexen Signalwirkungen des Zytokins „Interleukin-6“ (IL-6). Besonders bekannt ist IL-6 für seine hochpotente und systemisch wirkende entzündungsfördernde Aktivität. Diese spielt bei vielen pathophysiologischen Prozessen eine zentrale Rolle, so zum Beispiel bei der Rheumatoiden Arthritis, Morbus Crohn und entzündlichen Darmtumoren. Auch Erkrankungen der Haut, wie die Schuppenflechte (Psoriasis), oder bestimmte Formen der Herzschwäche sind mit erhöhten IL-6-Spiegeln vergesellschaftet. Physiologisch ist das Zytokin IL-6 unverzichtbar für die Aktivierung von zentralen Elementen des Immunsystems wie B- und T-Lymphozyten oder Killerzellen, so dass eine effiziente Immunantwort ausgelöst werden kann. Die molekulare Entschlüsselung von Signalmechanismen, die über IL-6 vermittelt werden, ist daher von zentraler Bedeutung für viele medizinische Disziplinen.

Interleukin-6 ist nicht nur für Autoimmunerkrankungen verantwortlich, sondern schützt auch den Körper vor bakteriellen Infektionen und hat noch weitere protektive Eigenschaften. Die gegenwärtig eingesetzen Anti-IL-6-Therapien hemmen alle Interleukin-6-Aktivitäten, auch die positiven. Mit seinen Forschungserkenntnissen zum molekularen Verständnis von Entzündungsreaktionen hat Stefan Rose-John entscheidend unter anderem dazu beigetragen, einen Wirkstoff zu finden, mit dem sich die entzündungsfördernden Zytokinaktivitäten selektiv ausschalten lassen. Der neue Hemmstoff scheint nur die entzündungsfördernden Eigenschaften von Interleukin-6 zu hemmen und zeigt daher potentiell weniger Nebenwirkungen. Der im Labor synthetisch hergestellte Gegenspieler von IL-6 unterdrückt nicht nur viele Entzündungsreaktionen, sondern auch die Entstehung zahlreicher Tumoren. Unter dem Namen Olamkicept ist dieser IL-6-Inhibitor bei der WHO registriert und mittlerweile in klinischer Prüfung für die Behandlung von Autoimmunerkrankungen, wie zum Beispiel entzündlichen Darmerkrankungen.

Prof. Dr. Stefan Rose-John wurde 1954 in Heidelberg geboren. Er studierte Biologie, Chemie und Physik an der Universität Heidelberg, wo er über die aktive Aufnahme und den Transport von Hormonen promovierte. Mit einem Stipendium der Max-Kade-Foundation und der Deutschen Forschungsgemeinschaft ging er als Post­doktorand an die Michigan State University, USA. Anschließend etablierte er eine eigene Arbeitsgruppe am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg. Als Assistenzprofessor wechselte er an die RWTH Aachen und etablierte seinen eigenen Forschungsfokus über Zytokine. Nach seiner Habilitation erhielt er eine C3-Professur für Pathophysiologie an der Medizinischen Fakultät der Universität Mainz. Die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel berief Professor Rose-John im Jahr 2000 auf den Lehrstuhl für Biochemie und als Direktor des gleichnamigen Institutes. Im Jahr 2010 gründete er den Sonderforschungsbereich 877 mit dem Thema „Proteolyse als regulatorisches Ereignis der Pathophysiologie“.

DER PREISTRÄGER DES JACOB-HENLE-NACHWUCHSPREISES

Dr. Dr. Phillipp Brockmeyer, Jahrgang 1982, hat in Göttingen Zahnmedizin und Humanmedizin studiert. Nach Abschluss seines Zahnmedizinstudiums war er zunächst in der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie als Assistenzzahnarzt und in dem Institut für Pathologie der UMG als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig. Nach Erlangen der ärztlichen Approbation begann er im September 2015 die Weiterbildung zum Facharzt für Mund-, Kiefer und Gesichtschirurgie an der UMG. 2013 promovierte er in Zahnmedizin. 2014 folgte die Promotion in Humanmedizin mit einer onkologischen Arbeit am Institut für Pathologie. Seit 2017 leitet Dr. Dr. Brockmeyer eine wissenschaftliche Arbeitsgruppe in der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie. In seinen Forschungen befasst er sich mit dem prognostischen Einfluss klinischer, pathologischer und biologischer Faktoren im oralen Plattenepithelkarzinom, eine der am häufigsten auftretenden Formen des Kopf-Hals-Karzinoms.

Die Jacob-Henle-Medaille wird von der Medizinischen Fakultät der Georg-August-Universität Göttingen seit 1988 jährlich für herausragende, medizinisch bedeutende wissenschaftliche Leistungen vergeben. Mit der Verleihung der Medaille erinnert die Medizinische Fakultät an den Göttinger Anatomen und Physiologen Friedrich Gustav Jacob Henle (1809 bis 1885). Jacob Henle lebte, forschte und lehrte ab 1852 als Direktor des Anatomischen Instituts in Göttingen und leistete einen entscheidenden Beitrag zur Anatomie, Histologie und Pathologie der Nebennierenrinde. Nach ihm wurde die „Henle Schleife“ benannt, ein spezieller Abschnitt im Tubulus-System der Niere (Röhrchensystem zur Harnaufbereitung).

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